Moderne Gesellschaft

 

In unserer westlichen Gesellschaft hat Hanfdrogengebrauch subkulturelle Traditionen, die bis in das 18. Jahrhundert zurückreichen. Im Deutschland der Nachkriegszeit war er vor allem im Umkreis von amerikanischen Militärstandorten bekannt. Erst durch die nur vereinzelt entstehenden Szenen der 'Gammler' lernten später auch andere Jugendliche, SchülerInnen und Studierende Haschisch und Marijuana kennen. Diese Gruppen waren zunächst klein und 'Kiffen' eine Art Geheimtip.

 

Unter dem Einfluß der antiautoritären Bewegung in den Jahren 1965 bis 1969 verbreitete sich der Konsum von Cannabis sehr schnell in weiten Teilen der Jugend. Beeindruckt von den Ideen und dem Lebensstil der Beatniks und später der Hippies, erhielt es jetzt seine besondere symbolische Bedeutung als Protestdroge. Besonders die Bedürfnisbefriedigung im 'Hier und Jetzt' und der Anspruch auf alternative Gestaltungs-möglichkeiten durch die Studentenbewegung standen im Gegensatz zu den allgemein verbindlichen Werten und Normen der Industrie- und Leistungsgesellschaft und wurden als bedrohlicher Angriff auf sie angesehen.

 

Als erste statistische Erhebungen, die 1971 in einigen Großstädten und Regionen gemacht wurden auf die weite Verbreitung des Hanfdrogenkonsums hinwiesen, wurde dies zu einem vorrangigen Jugendproblem erklärt. Die öffentlichen Forderungen nach einem 'Eindämmen der Drogenwelle' verstärkten sich, als schließlich 'Smoke Ins' als Protestaktionen der  'Haschrebellen' vorwiegend in Berlin organisiert wurden. Eine bedeutende Rolle übernahmen dabei sensationsgierige Massenmedien, die HaschischkonsumentInnen als süchtig, asozial und linksextrem verunglimpften.

 

Noch heute wird der Gebrauch von Hanfdrogen überwiegend als ein soziales Problem betrachtet. Dabei ist der Bedeutungswandel, den der Hanfkonsum um den Wechsel vom 20. zum 21. Jahrhundert erfahren hat, nicht zu übersehen, denn der Haschisch- und Marijuanagenuss ist heute kein Ausdruck mehr für einen subkulturellen Lebensstil. Es hat sich gezeigt, daß der Konsum bei unauffälligen und sozial angepassten GelegenheitskonsumentInnen mit der Erfüllung von Alltagsaufgaben durchaus vereinbar ist. Individuelle Lernprozesse und Gebrauchsregeln haben dazu geführt, daß Hanfdrogen inzwischen in unterschiedlichen Bevölkerungskreisen als Genuss- und Rauschmittel in Alltag und Freizeit akzeptiert sind.

 


Abbildungsnachweise:

Foto von akzept e.V. Tübingen 1995

H.G. Behr "Von Hanf ist die Rede" 1985:269; 267

  Flugblatt aus Stuttgart
Foto von akzept e.V. Tübingen 1995