Medizinische Studien

 

THC (Delta-9-Tetrahydrocannabinol), der Hauptwirkstoff des Hanfharzes, wirkt bereits in sehr niedrigen Dosen schmerzlindernd und krampflösend. Daher kann es auch unterhalb der Schwelle zu Rauschzuständen zum Beispiel bei Migräne, Multipler Sklerose und spastischen Rückenmarksschädigungen angewandt werden. Zudem wirkt THC entspannend sowie appetitanregend und erwies sich in Studien als erfolgreich gegen Nebenwirkungen der chemotherapeutischen Behandlung von Krebs und AIDS, da es dem starken Gewichtsverlust und auch depressiven Zuständen entgegenwirken kann. Bei Grünem Star (Glaukom) wird es zur Senkung des Augeninnendrucks genutzt. Wegen des bronchienerweiternden und schleimlösenden Effekts kann Cannabis als Spray bei der Asthmabehandlung und wegen seiner speichelflußhemmenden Wirkung in der Zahnmedizin Verwendung finden.

 

1971 wurde festgestellt, daß Marihuana den Augeninnendruck für durchschnittlich 4 - 5 Stunden senkt, wobei die Sehfunktion nicht beeinträchtigt wird. 1979 wurden die Übelkeit lindernden Effekte von THC bei 15 Knochenkrebspatienten untersucht. Entsprechend der THC-Konzentration im Blut kam es zu einer Besserung von bis zu 90 %.

 

In einer Fragebogenstudie (Malec, Harvey und Cayner von 1982) berichteten US-amerikanische MS-Patienten davon, Marijuana erfolgreich gegen ihre Muskelkrämpfe anzuwenden. 1986 erhielten 5 Patienten, die unter Dystonie (krampfartige Bewegungen) litten, zusätzlich zu ihrer Basismedikation Cannabidiol. Binnen 6 Wochen kam es zu einer dosisbezogenen Verbesserung von 50 - 70%. 1988 konnten 78% von 56 Krebspatienten mit Chemotherapie durch die Verabreichung von Marijuana Symptomfreiheit erreichen.

 

 

 

1990 wurden in einer schweizerischen Studie (Maurer u.a.) die Wirkungen von synthetischem THC bei einem Patienten mit Sensibilitätsstörungen und spastischen Lähmungen der Beinen untersucht. THC war stärker krampflösend als Codein bei vergleichbarem schmerzstillendem Effekt. Der Patient erhielt die Bewilligung zur ambulanten Einnahme von THC.

 

1991 erhielten in einer U.S.-Studie 10 an AIDS erkrankte Patienten 3 x täglich 2.5 mg Dronabinol. Alle nahmen an Gewicht zu bis auf zwei Patienten, wobei der Gewichtsverlust bei einem der beiden verlangsamt war. Das Gewicht nahm bei einer Dosis von 2,5 mg stärker zu als bei 5 mg. Die rauschartigen Nebeneffekte konnten durch Dosisreduktion vermieden werden.

 

1988 wurde an den Übertragungsstellen von Nervenzellen im menschlichen Gehirn ein Empfänger (Rezeptor) entdeckt, der auf Cannabinoide anspricht. 1990 wurde er im limbischen System des Gehirns lokalisiert, das den allgemeinen Erregungszustand und die Gefühle regelt, sowie in der für das Denken zuständigen Hirnrinde. Auch in der Bewegungskoordination spielen diese Rezeptoren eine wichtige Rolle. 1992 entdeckte man einen den Cannabinoiden ähnlichen körpereigenen Botenstoff, der Anandamid benannt wurde nach dem Sanskrit-Wort Ananda für Glück. Ein weiterer 1993 entdeckter Rezeptor ist bei der Immunreaktion wichtig.

 

Heute werden vorwiegend synthetische THC-Produkte wie Dronabinol, Marinol und Nabilone in Großbritannien, Kanada und den U.S.A. verordnet. Inzwischen haben 35 U.S.-Staaten den medizinischen Wert von Cannabis anerkannt. Bei einer Umfrage der British Medical Association von 1994 befürworten 70% der Ärzte eine legale Verschreibung von Cannabis. In den Niederlanden arbeiten die Behörden an einer gesetzlich geregelten Abgabe von Marihuana an AIDS-Kranke. Auch in Deutschland fordern viele ÄrztInnen, ApothekerInnen und PatientInneninitiativen weitergehende Schritte bei der Freigabe von Cannabis als Heilmittel.

 

 

 


Abbildungsnachweise:

L. Greenspoon: "Marihuana. Die verbotene Medizin", 1994: 90

 

 

H. G. Behr "Von Hanf ist die Rede", 1995: 177